Fotografierverbot?

    Die Anmeldung zum Wiener Fotomarathon am 14.09.2025 ist online Infos & Anmeldung

    Gewinne Einkaufs-Gutscheine beim Fotowettbewerb "Wiener Traditionen" Jetzt mitmachen

    • Bitte Leute, haltet den Ball flach. Selbst eine hervorragende Zeitung wie Die Presse schreibt manchmal etwas zu sensationsgeil an der Sache vorbei.

      Ich habe mir das Urteil durchgelesen und ja, ich finde die Begründung auch nicht so ganz nachvollziehbar, allerdings bleibt da ziemlich vieles offen und wird wohl erst durch weitere Entscheidungen des OGH klarer werden.

      Der Sachverhalt ist allerdings sehr speziell: Das Foto wurde vom Beklagten kurz vor einer gerichtlichen Befundaufnahme angefertigt. Der Beklagte fotografierte hiebei den Klagsvertreter. Nachdem der Klagevertreter den Beklagten nach dem Zweck des Fotos gefragt hatte, gab dieser an: "zur Belustigung". Der OGH führt dazu aus, dass daher kein Interesse des Beklagten am Foto erkennbar war und dass der Kläger auf Grund dieser Antwort von einer Bedrohung ausgehen konnte.

      Die rechtsvergleichende Vorgangsweise des OGH ist im Prinzip eine anerkannte Methode und üblich, allerdings setzt diese die Vergleichbarkeit der Rechtsordnung voraus. Der OGH ist in seiner Begründung leider schuldig geblieben Ausführungen dazu zu treffen, weshalb er von einer Vergleichbarkeit der Rechtsordnung ausgeht, Wortlaut und Systematik sprechen nämlich eigentlich nicht dafür.

      Jedenfalls werden aber weitere Entscheidungen notwendig sein, um hier Klarstellungen zu treffen.

      Eines ist aber nicht der Fall: es handelt sich nicht um Ausführungen zur Streetfotografie! Streetfotografie ist als anerkannte Kunstrichtung ebenso grundrechtlich geschützt, wie die Privatsphäre. Wie hier die Grenzen zwischen Kunstfreiheit und der Achtung des Privatlebens zu ziehen sind, kann man aus dem Urteil nicht ableiten.

      Hier der Volltext: [Links sind nur für Registrierte Benutzer sichtbar]

      lg Thomas
    • Das weiß ich nicht, ich verstehe da den OGH nicht so ganz, denn wieso sollte eine nachträgliche Aussage eine Rolle dafür spielen ob das Fotografieren zuvor erlaubt war oder nicht?

      Wie gesagt, die Begründung ist für mich schwer nachvollziehbar. Vor allem hätte man durchaus auch auf Grundlage der bisherigen Rechtsprechung und herrschenden Ansicht zu dem gleichen Ergebnis kommen können. Aus meiner Sicht hat der Fotograf im Prinzip zwar zu Recht fotografiert, allerdings hätte man die Frage des Rechtsmissbrauchs genauer klären müssen. Das wäre auf Linie der bisherigen Judikatur gewesen und man wäre evtl. zum gleichen Ergebnis über die Figur des Rechtsmissbrauchs gekommen.

      Systematisch ist jedenfalls das Verhältnis zwischen § 16 ABGB und § 78 Abs. 1 UrhG jetzt unklar, denn es ist schwer zu erklären, wieso das Fotografieren nach § 16 ABGB unzulässig sein sollte, wenn die Veröffentlichung des nach § 78 Abs. 1 UrhG zulässig ist. Oder aber man müsste § 78 Abs. 1 UrhG anders interpretieren als bisher, dazu sagt der OGH aber nichts. Genau das ist im Rechtsvergleich auch befremdend, denn § 16 ABGB ist mit der deutschen Rechtslage vergleichbar, aber § 78 Abs. 1 UrhG gibts dort nicht. Außerdem stellt sich die Frage, wenn sich das Fotografierverbot für § 16 ABGB aus Art. 8 EMRK ergibt, wie der OGH herleitet, dann muss im Größenschluss das gleiche für ein Veröffentlichungsverbot nach § 78 Abs. 1 UrhG gelten oder aber § 78 Abs. 1 UrhG wäre verfassungswidrig. Also Fragen über Fragen, aber damit wird sich die Literatur in nächster Zeit sicher auseinandersetzen und es wird hoffentlich eine weitere Entscheidung des OGH geben, in der er sich damit auseinandersetzt.

      Man muss aber trotzdem genau aufpassen, was der OGH gesagt hat: er hat nicht gesagt: das Fotografieren einer Person verstößt gegen deren Persönlichkeitsrechte, sondern das Fotografieren einer Person kann gegen deren Persönlichkeitsrechte verstoßen, wenn sich dies aus einer umfassenden Interessensabwägung so ergibt.

      lg Thomas
    • thomas_l schrieb:

      denn wieso sollte eine nachträgliche Aussage eine Rolle dafür spielen ob das Fotografieren zuvor erlaubt war oder nicht?


      also ich verstehe den bericht in der zeitung so:
      der eigentümer macht bei einem treffen mit anderen personen und dem anwalt fotos von allen beteiligten
      unmittelbar nach dem foto fragt der anwalt, warum nicht das haus (um das ging es ja anscheinend bei dem treffen) sondern u.A. auch er fotografiert wurde
      da meinte der eigentümer: zur belustigung
    • Ich glaube wie in diesem Fall der Hausbesitzer zuerst gefragt hätte ob er zwecks Dokumentation eine Aufnahme machen darf wäre das sicher nicht so gelaufen.

      Ich habe mir den Zeitungsbericht und den neben angeführten Kommentar noch einaml durchgelesen. Ich kann nicht zu dem Schluss kommen wie der Rechtsexperte ausführt, dass Personen die zufällig auf einem Bild sind, angeführt ist eine Situation in eine Park, ein Persönlichkeitsrecht ableiten können. Jedoch bin ich der Meinung, dass sehr wohl diese wirksam ist sobalt die Absicht besteht, die Person hauptsächlich im Bild zu positionieren. Das kann z.B. bei einem Besuch einer Diskothek sein wo Fotografen ungefragt Aufnahmen machen.
    • thomas_l schrieb:

      Das Foto wurde vom Beklagten kurz vor einer gerichtlichen Befundaufnahme angefertigt. Der Beklagte fotografierte hiebei den Klagsvertreter. Nachdem der Klagevertreter den Beklagten nach dem Zweck des Fotos gefragt hatte, gab dieser an: "zur Belustigung".
      Unbekannt an dieser Situation ist auch, was im Vorfeld bereits vorgefallen ist und ob es bereits verbale Auseinandersetzungen gegeben hat. Könnte ich mir aber gut vorstellen, denn aus heiterem Himmel wird auch ein Anwalt nicht derart reagieren. Dafür spricht auch die sehr provokante Äusserung des Beklagten.
    • Also ich nehme einmal folgende Weisheiten aus dem nunmehr im Original gelesenen Urteil mit:

      1)
      Wie ich schon öfters vermutet:
      "Auf hoher See und vor einem Gericht befindet man sich in Gottes Hand".
      Ich habe eine zunehmend abstoßenden Eindruck von unserem Rechtsstaat.

      2)
      Das Recht gilt zwar im Prinzip für Alle gleich. Dennoch ist hier wieder einmal
      ein rechtslustiger Kläger damit durchgekommen einfach bis zum Obersten zu klagen.
      Die tatsächlichen Kosten sind hier möglicherweise nicht gleichförmig verteilt,
      da für den Kläger geringere Gefahren der Kosten im Downside-Risiko, als für den Beklagten bestehen.

      Anmerkung:
      Ich würde für künftige Rechtssysteme überhaupt fordern,
      dass die Risiken für Streitparteien ausgeglichen werden müssen.
      Insbesondere im Zivilrecht, wenn eine übermächtige Partei einer
      finanziell unterlegenen Partei gegenübersteht.
      Das Prozessrisiko des "Real-Rechts" kann sonst dem finanziell unterlegenen das "Gerechte Recht" beschneiden.

      3)
      Natürlich ist es immer angemessen Bilder auf Wunsch der abgebildeten Menschen zu löschen.
      Das gebietet eine mindeste persönliche ethische Grundeinstellung.
      Insbesondere sollten beim Abgebildeten keine Bedrohungsgefühle entstehen.

      4)
      Wenn ich künftig über die Beweggründe einer Aufnahme gefragt werde, werde ich eine
      schlüssige Argumentation bereit halten, die keine Zweifel an meinem Berechtigten Interesse
      offen lassen.

      5)
      Die Situation wird, wie im Urteilstext angeführt, weiterhin grundlegend unsicher bleiben,
      da die Abwägung der Interessen vermehrt zum Abgebildeten verlagert werden.
      Da eine Fotografie gewöhnlich nicht dem Lebensunterhalt des (Hobby-)Fotografen dient,
      wird bei jeder unterstellten Missbrauchsmöglichkeit der Fotograf in einem Rechtsstreit unterliegen.

      Hope it helps & lg Andreas

      PS: Vorschläge für eine möglichst Nachhaltige Argumentation für 4) ???
    • Die Welt ändert sich ob wir es wollen oder nicht!

      Vor zwanzig Jahren sind die wenigsten Leute immer mit einem Fotoapparat herumgelaufen, heute ist bei jeden Handy einer dabei!
      Vor zwanzig Jahren hat kaum einer die Möglichkeit Fotos einer breiten Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen, heute gibt es Internet!

      Die geänderten Voraussetzungen fordern von uns über vieles nachzudenken.

      Ich kann es gut nachvollziehen, wenn jemand sein Foto nicht im Internet wiederfinden will, auf der anderen Seite sind viele Fotos gar nicht möglich ohne da s wer auf den Bild ist, ein Kompromiss ist da nicht leicht möglich.

      Persönlich sehe ich es so, wenn jemand nicht fotografiert werden will dann hat man das zu lassen.
      Herbert
    • Eines stimmt zum Teil: wer finanziell stärker ist, der kann mehr riskieren.

      Sonst muss man aber sagen, gegen viele (nicht gegen alle) Prozessrisiken kann man sich versichern und falls sich wer es nicht leisten kann, bei dem übernimmt der Staat zumindest das eigene Prozessrisiko. Also ganz so unsozial ist es auch wieder nicht. Und ich kann aus der alltäglichen Prozesspraxis bestätigen, dass von den Richtern die finanziell stärkeren im Zivilprozess auch nicht bevorzugt werden. Es gibt reihenweise Entscheidungen des OGH wo finanziell schwächere gewonnen haben. Ich verstehe das im Übrigen auch anlassbezogen nicht, denn der Kläger war ein Anwalt, der Beklagte ein Gerichtssachverständiger - woraus schließt du, dass der Anwalt finanziell so viel besser da steht als der Gerichtssachverständige?

      Warum du davon ausgehst, dass zivilprozessual das Kostenrisiko ungleich verteilt ist, kann ich auch nicht nachvollziehen. Die Kostenentscheidung entspricht streng der Obsiegensquote (§§43ff ZPO). Das Prozessrisiko ist beim Kläger höher, da dieser in einem Prozess wie diesem die Beweislast trägt.

      Und das mit der Rechtssicherheit ist natürlich ein Problem. Allerdings keines, das so einfach zu lösen wäre. Vielleicht könnte man versuchen für die Fotografen das ein bisschen genauer im Gesetz zu regeln. Aber generell wird es nie 100% Rechtssicherheit geben. Rechtsvergleichend kann man sagen: nirgendwo ist die Rechtssicherheit so hoch wie hier bei uns in Westeuropa, und rechtshistorisch kann man sagen: sie war in der Geschichte noch nie so hoch wie jetzt. Die Rechtswissenschafter zerbrechen sich seit tausenden Jahren den Kopf wie man Rechtssicherheit am besten schafft. Es gibt einfach keine 100%-ige, wie es auch sonst nichts mit 100%-iger Sicherheit gibt.

      lg Thomas
    • nun zuallererst geht es NICHT um eine Aufnahme in der Öffentlichkeit. Aus dem Sachverhalt (und der Argumentation des Beklagten Fotografen) ergibt sich, dass sich das ganze IM Haus des Fotografen stattgefunden hat, und der Fotografierte war dort im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit.

      Zusätzlich geht es nur um gezielte Aufnahmen einer Person, im konkreten Fall auch nicht zum Zwecke der Kunst oder der Dokumentation oder der Berichterstattung sondern schlicht um den Abgebildeten zu ärgern.

      Fazit: Wenn ich eine andere Person gezielt (!) fotografiere und ihm damit ein unangenehmes Gefühl (zB der Überwachung) vermittle, dann muss auf meiner Seite ein höherwertiges Interesse vorhanden sein (Kunst, Meinungsfreiheit, Ausübung eines Berufs oder wenigstens irgendwas). Im konkreten Fall ist das aber ganz klar nicht vorhanden ("Belustigung").
    • thomas_l schrieb:

      woraus schließt du, dass .... das Kostenrisiko ungleich verteilt
      Aus der Klägerperspektive: Angesichts zwei (!) verlorener Instanzen (eigentlich schon ab der ersten)
      ist das Risiko eines Vollverlustes doch sehr absehbar. (Es sei denn die Urteile wären schwer fehlerhaft zustande gekommen)
      und die normale Vernunft würde ein Ablassen weiterer Urteils-Anfechtungen nahe legen.

      Es würde sich vermutlich kaum ein Rechtsvertreter finden, der seinem Klienten eine Fortsetzung empfehlen würde.
      Eine Rechtsschutzversicherung würde, wie ich annehme, in dieser Situation aussteigen-

      Naja ich mutmaße, dass der vertretende Klage-Anwalt eine Naheverhältnis zum Kläger gehabt haben könnte.
      Hätte dann der Kläger verloren, so hätten sie sich das untereinander ausmachen können.
      Im alternativen Gewinnfall ist der Klage-Anwalt sowieso fein raus.

      lg Andreas
    • webwolfi schrieb:

      "Zusätzlich geht es nur um gezielte Aufnahmen einer Person, im konkreten Fall auch nicht zum Zwecke der Kunst oder der Dokumentation oder der Berichterstattung sondern schlicht um den Abgebildeten zu ärgern."

      Ganz so war es nicht

      "Zu Beginn der Befundaufnahme und vor Durchführung der Befundungen fertigte der Beklagte - ohne dies zuvor anzukündigen oder zu erklären - mit seiner Digitalkamera ein Lichtbild an, auf welchem der Kläger, die Geschäftsführer der Mandantin der Klagevertreterin, ein Vorarbeiter der Mandantin der Klagevertreterin sowie der Sachverständige abgebildet wurden."

      Und solche Fotos auch als Beweis über die Anwesenheit verwendet werden.

      Ich möchte aber auch noch mal zu meiner ursprünglichen Frage zurückkommen, wenn mich ein Eventfotograf in der Disco knipst, kann ich dann verlangen dass er das Bild sofort löscht, und hat diese Frage mit diesem Urteil eigentlich überhaupt etwas zu tun?



    • Frank Sanders schrieb:

      Ganz so war es nicht


      Frank Sanders schrieb:

      Und solche Fotos auch als Beweis über die Anwesenheit verwendet werden.


      Genau das hat er aber nicht behauptet

      "Außerdem hat der Beklagte kein schutzwürdiges Interesse an der Notwendigkeit der Anfertigung einer Fotografie dargetan."
      "Stattdessen hat der Beklagte auf Frage des Klägers nach dem Zweck der Aufnahme geantwortet, er habe diese „zur Belustigung“ angefertigt"


      Frank Sanders schrieb:

      Ich möchte aber auch noch mal zu meiner ursprünglichen Frage zurückkommen, wenn mich ein Eventfotograf in der Disco knipst, kann ich dann verlangen dass er das Bild sofort löscht, und hat diese Frage mit diesem Urteil eigentlich überhaupt etwas zu tun?


      Zunächst einmal hast du einen Vertrag mit dem Disco-Betreiber, der eventuell auch das anfertigen von Fotos regelt.

      Aber ganz grundsätzlich hat der Event-Fotograf ein berechtigtes Interesse. Das ist dann noch gegen dein Persönlichkeitsrecht abzuwägen, aber er hat im Gegensatz zum Fall hier eines.

      Verlangen kannst du es sowieso immer und ein vernünftiger Fotograf wird dem Wunsch auch nachkommen. Im Zweifel wird aber wohl sein Veröffentlichungsinteresse überwiegen, wenn es nicht gerade eine Sex-Party ist, oder er dich am Klo oder offensichtlich total besoffen abbildet. Mit dem Fall hier hat das aber mE wenig zu tun.
    • Also, ich denke, es ist mal Zeit, Thomas für seine juristisch fundierten Kommentare zu danken. Weiters meine ich, dass ein Urteil, das sich auf ein Verfahren bezieht, das bestenfalls vordergründig mit Fotografie zu tun hat, auf einen Berufs- oder Hobbyfotografen, der eine x-beliebige Person auf der Straße fotografiert nicht, oder nur sehr schwer anwenden lässt (thomas, bitte um Korrektur, wenn ich falsch liege).

      Und dann gebe ich zu bedenken: könnte es nicht passieren, dass irgend jemand von uns mal in einer Situation oder mit Menschen fotografiert wird, wo er das, aus welchen Gründen auch immer überhaupt nicht will? Das darf man, meine ich, bei solchen Diskussionen auch nicht außer Betracht lassen. Das Leben ist keine Einbahnstraße!

    Registrieren oder Anmelden

    Du musst auf fotografie.at angemeldet sein, um hier antworten zu können.

    Registrieren

    Hier kannst Du Dich neu registrieren - einfach und schnell!


    Neu registrieren

    Annmelden

    Du bist schon Mitglied? Hier kannst Du Dich anmelden.


    Anmelden