Speed Booster - Erfahrungsbericht

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    • Speed Booster - Erfahrungsbericht

      Ich hatte bis Anfang des Jahres zwei APS-C Cams im Einsatz und eine dritte ungenutzt herum liegen. Als sich die Möglichkeit geboten hat, einigermaßen leistbar (gebraucht) auf Vollformat umzusteigen, hab ich im Jänner die Gelegenheit genutzt, mein APS-C Equipment verkauft und hatte seither wieder eine neue Freude an der Fotografie wie seit Analogzeiten nicht mehr. Ich hab nicht gedacht dass mich persönlich auch nach 15 Jahren reiner Digitalfotografie immer noch der Crop-Faktor stört. Ich dachte der Mensch als Gewohnheitstier, gewöhnt sich auch um und vielleicht wird ein harter Wechsel - KB-Format anstatt APS-C, auch wieder in der Umgewöhnung hart. Keineswegs, ich hab es vom ersten Foto an genossen.

      Was mir etwas gefehlt hat, war doch in so manchen Situationen eine zweite Kamera, um nur umzugreifen, anstatt ständig Objektive zu wechseln. Und eine zweite Cam mit VF-Sensor war im Budget fürs Hobby nicht vorgesehen. Da ich mich sowieso gern mit Fototechnik beschäftige, egal ob für mich leistbar oder nicht, habe ich natürlich die ganze Thematik Systemkamera intensiv mitverfolgt und damit auch die Möglichkeiten mittels Adapter Objektive weiter zu nutzen. Plötzlich ist mir ein neuer Begriff untergekommen: Speed Booster.

      Dieser fungiert einerseits als Adapter um Objektiv zu Body Bajonett zu konvertieren und nutzt zusätzlich den Platz, um das Auflagemaß auszugleichen für eine Linsengruppe. Verwendbar ist so ein Teil nur mit VF-Objektiven und für kleiner Sensorformate APC-S oder MFT. Der Speed Booster projiziert die vom Objektiv in der Größe des Kleinbildes ausgeleuchtete Fläche in entsprechend kleinerem "Maßstab" auf die Fläche des kleineren Sensors. Damit kommt die gesamte Lichtenergie auf die kleinere Fläche und der Nachteil der kleineren Pixel wird damit (weitgehend) kompensiert. Damit gewinnt man damit eine ganze Blendenstufe. Was die Lichtmende/Fläche bedeutet kann man die Blende ja 1:1 von KB zu kleineren Sensoren umlegen. Nur kleiner Pixel bedeuten weniger Licht pro Bildpunkt, also bei wenig Licht mehr Rauschen. Was die Möglichkeit der Freistellung betrifft, verliert man mit kleineren Sensoren (KB zu APS-C) eine Blendenstufe. Das heißt F2.8 bringt Licht gemäß Blende 2.8 an den Sensor, die Brennweite verlängert sich um 1,5 damit muss man für den selben Bildausschnitt ums 1,5-fache weiter vom Motiv weg, und die Freistellung nimmt um den selben Faktor ab, was ziemlich genau einer Blendenstufe entspricht.

      Was macht nun der Speed-Booster? Die Brennweite bleibt annähernd die selbe (Verlängerung um 6,5%). Der Abstand zum Motiv also auch. Die Blendenstufe verändert sich von F2.8 auf F2.0. Also mehr Licht am Sensor und kleinere Sensorpixel hebt sich auf. Freistellung in Punkto Abstand zum Motiv bleibt in etwa gleich, zusätzlich wirkt das Objektiv durch die Linsengruppe im Speed Booster um eine Blendenstufe weiter offen, also weniger Tiefenschärfe und damit mehr Freistellung.

      Klingt ja alles echt märchenhaft! Wieso verwenden dann nicht alle nur mehr so etwas, anstatt Systemkameras mit KB-Sensor zu kaufen, die viel teurer sind? Naja, mehr Glas, etwas mehr an Objektiveffekten wie CAs, Vignettierung,, Randunschärfe etc...
      Ich bin dann noch auf ein Video eines deutschen Profifotografen gestoßen, der immer wieder Reviews hochlädt und der schwört für die Peoplefotografie geradezu von dem Teil. Er meint jedoch auch, die Sigma ART-Serie sei qualitativ echt großartig, allerdings für seine Art der Peoplefotografie in der Abbildungsleistung zu scharf. Er mag Linsen mit "Charakter" also gewissen individuellen "Schwächen", die sie besonders machen. Ich wollte es also wissen.

      Ausgangslage ist meine Sony Alpha 99 mit Minolta und Sigma Objektiven, und einem Sony 50mm (das unter dieser Marke bei Übernahme von Minolte durch Sony herausgebrachte Minolta 50 F1.4). Als Testequipment habe ich angeschafft eine Alpha 6000 (gebraucht um 200,- €) einen gebrauchten Spped Booster Canon EF zu Sony E-Mount: Viltrox EF - E II (55,- €) und ein Sigma 17-35mm F2.8-4 mit Canon EF-Mount (30,- €), weil ich genau das selbe für die A99 mit Sony A-Mount besitze, also bestmöglich 1:1 vergleichen kann. (Das Objektiv hat offenbar einen Softwarefehler, der AF funktioniert nicht, daher um 30 Euro, für meinen Test perfekt billig.)

      Um meine Neugier zu stillen, ist die A6000 auch ganz passend, weil der Sensor mit 24Mpix genau die selbe Auflösung hat wie jener der A99 und die Messdaten von DXOMARK auch sehr große Ähnlichkeit der beiden Sesoren aufzeigen. Falls es jemanden so im Detail interessiert:
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      Für erste Tests konnte ich auch noch zu meinen baugleichen Sigmas ein Canon EF 16-35mm F2.8 USM II ausleihen.

      Erkenntnisse:
      Die Brennweitenunterschiede sind was den Bildausschnitt betrifft tatsächlich zu vernachlässigen.
      Zusätzliche Verzeichnungen treten durch die Linsengruppe im Speed Booster so gut wie nicht erkennbar auf.
      Die rein subjektive Abbildungsqualität - also nicht durch irgendwelches Testequipment sondern nur im direkten Bildschirmvergleich - beschreibe ich wie folgt:
      Unter optimalen Bedingungen sind die Bilder der A6000 besser als jene der A99 mit dem selben Objektiv. Werden die Bedingungen schlechter, also weniger Licht, auch teilweise durch Gegenlicht, dreht sich das Ergebnis und die A99 hat eine Spur die Nase vorn. Ohne 1:1 Vergleich der Fotos am Bildschirm direkt nebeneinander würde ich sie als gleichwertig bezeichnen.
      Die Ergebnisse mit dem Canon 16-35mm (gebraucht in der 600-900,- € Liga) sind selbstverständlich meist besser, aber auch nur geringfügig gestatte ich mir zu sagen. Unter optimalen Bedingungen kommt das Sigma heran und hat dann sogar eine Spur weniger Randabfall was die Schärfe betrifft.

      Der größte Unterschied zwischen bei der Verwendung des Speed Boosters liegt bei den Adapterfunktionen die er ja auch wahrnehmen muss. Die "Simulation" eines bestimmten Objektivs, das es ja nicht gibt, funktioniert gut. Es wird in den EXIF-Daten ein Objektiv angegeben, das meist (ich hab nach diesem Vergleichstest noch andere ausprobiert) sehr gut auf das verwendete schließen lässt. Die eingestellte Brenweite wird auf den APS-C Faktor umgerechnet, was ich etwas verwirrend finde. Also wenn ich 30mm am Objektiv einstelle, dann entspricht das mit dem Speed Booster einem Bildausschnitt von 32mm. In den EXIF-Daten wird 21mm angegeben, weil die Programmierer der Adaptersoftware offenbar gemeint haben, man fotografiert ja mit APS-C und dann muss man wieder von 21 mal 1,5 auf die richtige Brennweite umrechnen. Wenn man ein Programm verwendet, das eingestellte Brenweiter und KB-Equivalente Brennweite extra angibt, dann stimmt es wieder. (Canon EF 70-300mm bei 300mm - EXIF: 210mm / KB: 315mm - rechnerisch wären es 319,5mm, also 300 plus 6,5%)
      Was perfekt funktioniert ist die Anzeige der Blende im Kameradisplay die auch dem Wert in den EXIF-Daten entspricht. Mein Sigma 17-35mm F2.8-4 arbeitet im Bereich F2-2.8 und die Übergänge der Blendenstufen verschieben sich etwas Richtung Tele. Ohne Speed Booster beispielsweise Blende 2.8 von 17 bis 20mm und mit Speed Booster Blende 2 von 17 bis 24mm.
      Tamron 28-75mm F2.8 durchgängig F2 / Canon 70-300mm F4-5.6 in der Praxis Blende 2.8-4

      Und dann ist da noch die AF-Funktion. Der Speed Booster kann mittels Schalter auf Kontrast- bzw. Phasenautofokus eingestellt werden. In der Praxis konnte ich nur wenig Unterschied feststellen. Der AF fährt meist einmal den ganzen Bereich ab, bevor fokussiert wird. In seltenenn Fällen auch mehrmals. Dann bleibt er entweder an einem Ende stehen, oder fokussiert doch noch. Bevor der AF den Fokuspunkt dann tatsächlich findet, pumpt er sich etwas hin, was nicht bei Kontrast- UND Phasen-AF sein dürfte, da die Systeme unterschiedlich funktionieren. Macht er in der Praxis aber dennoch. Wenn die Fokussierung am Display (im Sucher) der Kamera bestätigt ist, dann ist das Bild auch wirklich scharf. Fehlfokus gab es bisher noch nie. Nur, ich schätze mal in 10-15% der Fälle funtktioniert der AF gar nicht, und wenn er - immerhin meistens - funktioniert, dann entsprechend langsam.

      Ein weiteres Problem sind sehr lichtstarke Objektive. Manche erkennt der Adapter gar nicht bzw. ist mit der Offenblende überfordert. So bei einem recht alten Tamron 28-105mm F2.8 - bei Offenblende F2 war das Objektiv fast nicht verwendbar, weil das Fokuspeaking der Kamera kaum etwas angezeigt hat und rein optisch mit der Lupenfunktion war es auch mühsam zu fokussieren. Der AF ging auch zu 90% der Fälle nicht.
      Walimex 35mm F1.4 - Objektiv offenbar gar nicht erkannt und die angezeigte Blendeneinstellung war immer F2.

      (Zum weiteren Vergleichen hab ich noch einen reinen Adapter Canon EF zu Sony E-Mount gebraucht um 15,- € bekommen. Den hab ich zwei, drei mal verwendet. Funktioniert was AF betrifft auch nicht besser und ich hab damit wieder eine reine APS-C Kamera die mir persönlich überhaupt nicht abgeht. Ich wollte eigentlich nicht wissen ob ein offenbar wirklich super funktionierender Sigma MC-11 später mal für ich in Frage kommt. Nein, für mich nicht außer bei einer Systemkamera mit VF-Sensor, weil ich es mir grundsätzlich um die KB-Bildkomposition geht.)

      Mein Fazit: Mit diesen gebrauchten Anschaffungskosten ist eine APS-C Systemkamera in Kombination mit einem Speed Booster eine nahezu gleichwertige und kostengünstige Ergänzung zur Vollformatkamera wenn man bereit ist, grundsätzlich manuell zu fokussieren oder viel Geduld für den AF aufbringt und auf so manche Aufnahme verzichtet. Weiters sind Objektive unbedingt vor dem Kauf an Kamera und Adapter auf Funktionalität zu testen. Wenn das System zusammenarbeitet macht es mir persönlich riesigen Spaß damit zu fotografieren.

      (Korrekturgelesen hab ich es jetzt nicht mehr. Wer Tipp- oder Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten.) ;)

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