Fischer oder Angler
(Alexander Borell)
Sie sollten sich von dieser Überschrift nicht täuschen lassen und glauben, mit Fotografie habe dies nichts zu tun! Lesen Sie also ruhig weiter.
Ein Fischer sieht seinen Lebenszweck darin, mit möglichst geringem Aufwand viele und gute Fische zu fangen, für die er genug Geld bekommt, um seinen Lebensunterhalt damit bestreiten zu können. Er verwendet meistens Netze, die sehr teuer sind, und die deshalb so lange immer wieder geflickt werden, bis sie wirklich nicht mehr brauchbar sind. Einen besonderen ästhetischen Genuss bereiten diese Netze für den Fischer nicht.
Auch dem Angler kommt es zwar darauf an, letztlich einen Fisch zu fangen, aber er fängt ihn nicht, weil er ohne ihn verhungern müsste. Im Gegenteil: Ein gekaufter Fisch würde ihn nur einen Bruchteil von dem kosten, was ihn der selbst geangelte kostet: Die Pacht des Fischwassers, das gelegentliche Einsetzen von Fischbrut und nicht zuletzt viel Zeit und viel Geld für die Ausrüstung. Da sind verschiedene Gerten nötig, je nach der Fischart, man braucht zum sportgerechten Angeln ein ganzes Sortiment von Haken und Blinkern, man braucht Köderfische oder viele teure Insekten, und noch vieles mehr. Das alles jedoch nur, um sein Hobby, das Angeln, vergnüglich, fachgerecht und erfolgreich auszuüben. Vielleicht merken Sie jetzt schon, worauf ich hinaus will: Auf den Unterschied zwischen einem Profi- und einem Hobbyfotografen.
Dem Profi kommt es vor allem darauf an, gute und fachlich perfekte Fotos für seine Kunden herzustellen, damit er damit Geld verdienen kann. Natürlich tut er das ebenfalls mit einem möglichst geringen Aufwand an Zeit und Unkosten, und an die Kamera bzw. die Objektive stellt er keine ästhetischen Ansprüche; für ihn ist wichtig, dass sie zuverlässig und korrekt arbeiten. Daher erliegt der Profi auch nur selten industrieller Werbung, vielmehr wechselt er nur ungern seine Kamera gegen ein modernes Gerät: Da müsste er umdenken oder gar umlernen, um letztlich das gleiche zu erreichen, was er bisher in gewohnter Weise sozusagen im Schlaf beherrscht.
Ganz anders ist das doch bei uns Hobbyfotografen! Zugegeben, auch uns kommt es letztlich auf ein gutes und womöglich schönes Bild an, aber der Weg zu diesem Ergebnis ist uns oft genauso wichtig, wenn nicht sogar noch wichtiger. Unser eigentliches Hobby besteht ja nicht in der Produktion guter Bilder, sondern es ist der Weg dorthin, der uns reizt und unser eigentliches Hobby ausmacht. Wir lieben unsere Ausrüstung, Kamera, Blitz und Objektive, aber wir sind ständig auf der Suche nach einer noch besseren Kamera, die uns noch mehr Möglichkeiten bietet, nach noch komfortableren Objektiven, und wir erliegen nur allzu gern den Versprechungen einer geschickten Werbung. Das ist völlig in Ordnung, denn unser Hobby ist ja das Fotografieren mit allem drum und dran. Da kommt eine neue Kamera auf den Markt, bei der man mit einer Abblendtaste die Schärfentiefe kontrollieren kann und unsere Kamera kann das nicht: Schon haben wir schlaflose Nächte: „….wenn ich meine günstig in Zahlung geben könnte...?“ Da schafft unser Schlitzverschluss nur 1/1000 Sekunde und der neue macht 1/4000 oder gar 1/8000 – können wir da stets dem Reiz eines Wechsels widerstehen? Und wenn wir - weil wir nicht warten konnten – nun ein Zoomobjektiv mit der Lichtstärke 4,4-5,6 besitzen, bekommen wir doch das große Kribbeln, wenn wir lesen, dass es nun diese Objektive mit durchgehender Lichtstärke 2,8 gibt: Was würde uns dies für neue Möglichkeiten erschließen? Noch spricht das Wissen dagegen, dass wir mit dem neuen Objektiv auch keine besseren Bilder machen werden, aber....irgendwann fragen wir uns, was es schadet, wenn unsere Erben ein paar hundert Mark weniger bekommen, und schon ist es passiert.
Jedes Hobby kostet Zeit oder Geld, meistens beides. Aber jeder Mensch, der so glücklich ist, einem Hobby verfallen zu sein, ist auch bereit, ihm Opfer zu bringen, Und wenn man Hobbys einmal kritisch betrachtet, ist unser Foto-Hobby noch immer eines der preiswertesten, wenn man vom Karten- oder Schachspielen absieht.Was aber investiert man ohne Wimpernzucken in eine Ski- oder Surfausrüstung, ganz abgesehen von den laufenden Unkosten! Was kostet schon ein Film, der uns vielleicht sechsunddreißigmal ein Erfolgserlebnis beschert, verglichen mit einer Karte für einen Schlepplift? Ich kann Leute, die sich mit einer der neuen Kompaktkameras begnügen, nicht zu den Hobbyfotografen zählen: Für sie ist die Kamera zu Hause nichts Anderes als der Rasierapparat oder der Staubsauger, die man nach anfallendem Bedarf benützt. Aber ich kenne viele echte
Hobbyfotografen, die selbst dann eine Kompakte in der Tasche haben, wenn sie eigentlich gar nicht fotografieren wollen: Man bringt es einfach nicht fertig, völlig „nackt“ irgendwo hinzugehen. Glücklich sind jene Menschen, denen es gelungen ist, mit ihrem Hobby Geld zu verdienen oder es eines Tages gar zum Beruf machen. Diese Chance hat jeder Hobbyfotograf, und manche – heute bekannte und gut verdienende! - Profis sind es auf diesem Wege geworden. Aber eins ist allen, mit denen ich gesprochen habe, klar geworden: Mit ihrem Hobby ist es vorbei, sie haben jetzt Surfbretter, Autos oder einen Weinkeller.
Mit dem Sprichwort, der Zweck heilige die Mittel, ist schon viel Unglück über unsere Welt gekommen: für uns Hobbyfotografen stimmt es andersherum: Bei uns heiligen die Mittel den Zweck.
Aus COLOR FOTO 11/89
(Alexander Borell)
Sie sollten sich von dieser Überschrift nicht täuschen lassen und glauben, mit Fotografie habe dies nichts zu tun! Lesen Sie also ruhig weiter.
Ein Fischer sieht seinen Lebenszweck darin, mit möglichst geringem Aufwand viele und gute Fische zu fangen, für die er genug Geld bekommt, um seinen Lebensunterhalt damit bestreiten zu können. Er verwendet meistens Netze, die sehr teuer sind, und die deshalb so lange immer wieder geflickt werden, bis sie wirklich nicht mehr brauchbar sind. Einen besonderen ästhetischen Genuss bereiten diese Netze für den Fischer nicht.
Auch dem Angler kommt es zwar darauf an, letztlich einen Fisch zu fangen, aber er fängt ihn nicht, weil er ohne ihn verhungern müsste. Im Gegenteil: Ein gekaufter Fisch würde ihn nur einen Bruchteil von dem kosten, was ihn der selbst geangelte kostet: Die Pacht des Fischwassers, das gelegentliche Einsetzen von Fischbrut und nicht zuletzt viel Zeit und viel Geld für die Ausrüstung. Da sind verschiedene Gerten nötig, je nach der Fischart, man braucht zum sportgerechten Angeln ein ganzes Sortiment von Haken und Blinkern, man braucht Köderfische oder viele teure Insekten, und noch vieles mehr. Das alles jedoch nur, um sein Hobby, das Angeln, vergnüglich, fachgerecht und erfolgreich auszuüben. Vielleicht merken Sie jetzt schon, worauf ich hinaus will: Auf den Unterschied zwischen einem Profi- und einem Hobbyfotografen.
Dem Profi kommt es vor allem darauf an, gute und fachlich perfekte Fotos für seine Kunden herzustellen, damit er damit Geld verdienen kann. Natürlich tut er das ebenfalls mit einem möglichst geringen Aufwand an Zeit und Unkosten, und an die Kamera bzw. die Objektive stellt er keine ästhetischen Ansprüche; für ihn ist wichtig, dass sie zuverlässig und korrekt arbeiten. Daher erliegt der Profi auch nur selten industrieller Werbung, vielmehr wechselt er nur ungern seine Kamera gegen ein modernes Gerät: Da müsste er umdenken oder gar umlernen, um letztlich das gleiche zu erreichen, was er bisher in gewohnter Weise sozusagen im Schlaf beherrscht.
Ganz anders ist das doch bei uns Hobbyfotografen! Zugegeben, auch uns kommt es letztlich auf ein gutes und womöglich schönes Bild an, aber der Weg zu diesem Ergebnis ist uns oft genauso wichtig, wenn nicht sogar noch wichtiger. Unser eigentliches Hobby besteht ja nicht in der Produktion guter Bilder, sondern es ist der Weg dorthin, der uns reizt und unser eigentliches Hobby ausmacht. Wir lieben unsere Ausrüstung, Kamera, Blitz und Objektive, aber wir sind ständig auf der Suche nach einer noch besseren Kamera, die uns noch mehr Möglichkeiten bietet, nach noch komfortableren Objektiven, und wir erliegen nur allzu gern den Versprechungen einer geschickten Werbung. Das ist völlig in Ordnung, denn unser Hobby ist ja das Fotografieren mit allem drum und dran. Da kommt eine neue Kamera auf den Markt, bei der man mit einer Abblendtaste die Schärfentiefe kontrollieren kann und unsere Kamera kann das nicht: Schon haben wir schlaflose Nächte: „….wenn ich meine günstig in Zahlung geben könnte...?“ Da schafft unser Schlitzverschluss nur 1/1000 Sekunde und der neue macht 1/4000 oder gar 1/8000 – können wir da stets dem Reiz eines Wechsels widerstehen? Und wenn wir - weil wir nicht warten konnten – nun ein Zoomobjektiv mit der Lichtstärke 4,4-5,6 besitzen, bekommen wir doch das große Kribbeln, wenn wir lesen, dass es nun diese Objektive mit durchgehender Lichtstärke 2,8 gibt: Was würde uns dies für neue Möglichkeiten erschließen? Noch spricht das Wissen dagegen, dass wir mit dem neuen Objektiv auch keine besseren Bilder machen werden, aber....irgendwann fragen wir uns, was es schadet, wenn unsere Erben ein paar hundert Mark weniger bekommen, und schon ist es passiert.
Jedes Hobby kostet Zeit oder Geld, meistens beides. Aber jeder Mensch, der so glücklich ist, einem Hobby verfallen zu sein, ist auch bereit, ihm Opfer zu bringen, Und wenn man Hobbys einmal kritisch betrachtet, ist unser Foto-Hobby noch immer eines der preiswertesten, wenn man vom Karten- oder Schachspielen absieht.Was aber investiert man ohne Wimpernzucken in eine Ski- oder Surfausrüstung, ganz abgesehen von den laufenden Unkosten! Was kostet schon ein Film, der uns vielleicht sechsunddreißigmal ein Erfolgserlebnis beschert, verglichen mit einer Karte für einen Schlepplift? Ich kann Leute, die sich mit einer der neuen Kompaktkameras begnügen, nicht zu den Hobbyfotografen zählen: Für sie ist die Kamera zu Hause nichts Anderes als der Rasierapparat oder der Staubsauger, die man nach anfallendem Bedarf benützt. Aber ich kenne viele echte
Hobbyfotografen, die selbst dann eine Kompakte in der Tasche haben, wenn sie eigentlich gar nicht fotografieren wollen: Man bringt es einfach nicht fertig, völlig „nackt“ irgendwo hinzugehen. Glücklich sind jene Menschen, denen es gelungen ist, mit ihrem Hobby Geld zu verdienen oder es eines Tages gar zum Beruf machen. Diese Chance hat jeder Hobbyfotograf, und manche – heute bekannte und gut verdienende! - Profis sind es auf diesem Wege geworden. Aber eins ist allen, mit denen ich gesprochen habe, klar geworden: Mit ihrem Hobby ist es vorbei, sie haben jetzt Surfbretter, Autos oder einen Weinkeller.
Mit dem Sprichwort, der Zweck heilige die Mittel, ist schon viel Unglück über unsere Welt gekommen: für uns Hobbyfotografen stimmt es andersherum: Bei uns heiligen die Mittel den Zweck.
Aus COLOR FOTO 11/89