Kriegsfotografie - Kameraeinstellungen?

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    • Kriegsfotografie - Kameraeinstellungen?

      Hallo ihr lieben Fotobegeisterten!

      Ich brauche bitte eure Hilfe :)
      Nächstes Jahr hab ich Matura und meine Aufgabe ist es, eine Vorwissenschaftliche Arbeit über ein Thema meiner Wahl zu schreiben.
      Habe im Internet viel und lange über Kriegsfotografie recherchiert und auch schon ziemlich viel zu diesem Thema gefunden.

      Was mich allerdings interessieren würde (konnte dazu nichts wirklich hilfreiches finden):

      - Was sind die Unterschiede zwischen Kriegsfotografie und beispielsweise der Unfallfotografie der heutigen Zeit?
      - Welche Kameraeinstellungen verwendete man, um diesen fesselnden und schockierenden Fotos den Ausdruck zu verleihen?
      - Aus welchem Winkel wurden die Fotos gemacht? Welcher Fokus?
      - Wie hat sich die Fotografie entwickelt? Von Kriegs- zu Unfallfotografie? Gibt es Ähnlichkeiten?

      Ich wäre euch sehr sehr dankbar für jede Hilfe,

      herzlichen Dank schon mal im Vorhinein für eure Antworten!



      Liebe Grüße,

      Raphaela
    • Kriegsfotografie Antwort

      Hallo Raphaela!
      Ich arbeite als Kommandant eines Kamerateams und Kameramann in der Abteilung psychologische Operationen beim österreichischen Bundesheer. Wir machen großteils Videos aber auch Fotos. Zu deinen Fragen:
      - Was sind die Unterschiede zwischen Kriegsfotografie und beispielsweise der Unfallfotografie der heutigen Zeit?
      "Fotos vom Krieg" - an sich schon ein noch unschärferer Begriff als "Fotos von Unfällen" werden zu einem bestimmten Zweck für eine bestimmte Zielgruppe und oft auch mit einer bestimmten Wirkungsforderung gemacht. Soll heissen, der der die Fotos macht oder eher sein Auftraggeber möchte mit den Fotos etwas bewirken. Wenn jemand ein Urlaubsfoto macht, auf dem absichtlich die Baustelle rechts am Strand nicht drauf ist, weil er den Freunden zu Hause zeigen will wie toll sein Urlaub war, ist das nicht anders. Fotos vom Krieg sind also, wie alle Fotos subjektiv.

      - Welche Kameraeinstellungen verwendete man, um diesen fesselnden und schockierenden Fotos den Ausdruck zu verleihen?
      Siehe oben - Ein Foto, dass spielende, fröhliche Kinder in einem Kriegsgebiet zeigt, ist auch ein "Kriegsfoto", nur halt mit dem Zweck, die Lage harmlos dar zu stellen. Wenn der Krieg fesselnd und schockierend dargestellt werden soll, dann wird wohl, rein technisch, wie in der Sportfotografie gearbeitet. Kurze Belichtungszeiten um Bewegungen ein zu frieren, vor allem wenn Schlamm spritzt oder bei Wasserfontänen von Flüsse überquerenden Gefechtsfahrzeugen oder bei Regen. Bewegungsunschärfen durch lange Belichtungszeiten, wenn Geschwindigkeit dargestellt werden soll. Hohe Kontraste. Opfer von oben um zu verdeutlichen, wie klein sie sind. Aggressoren von unten, um sie grösser und bedrohlicher wirken zu lassen. Waffen im Anschlag von vorne mit Weitwinkel, damit die nahe an der Kamera befindlichen Mündungen grösser wirken.....
      Wenn Manipulation nicht (oder nicht rechtzeitig um die Wirkung zu beeinflussen) nachgewiesen werden können, wird da sicher auch in der Bearbeitung "getuned".

      - Aus welchem Winkel wurden die Fotos gemacht? Welcher Fokus?
      Journalisten, die auf Anerkennung aus sind, machen Fotos auch dann aus dem spektakulärsten Winkel, wenn es dort gefährlich ist. Einen Soldaten der gerade am Boden in Deckung gegangen ist, fotografiert man evtl. nicht lange im stehen. Kriegsberichterstatter sind also entweder sehr erfahren und können die Gefahr gut einschätzen oder sie haben eine Zeit lang einfach Glück. Nicht wenige kommen aber auch nicht mehr nach Hause.

      - Wie hat sich die Fotografie entwickelt? Von Kriegs- zu Unfallfotografie? Gibt es Ähnlichkeiten?
      Die Fotografie von sich schnell bewegenden Motiven bei wenig Licht, Staub und Feuchtigkeit und dann auch noch mit langen Brennweiten hat sich mit der verfügbaren Technik verändert. Ist auch hier mit Sportfotografie zu vergleichen. Wikipedia: "Der [Links sind nur für Registrierte Benutzer sichtbar] ist der erste Krieg, in dem fotografiert wurde."
      Eine Arbeit über Kriegsfotografie wird sehr umfangreich werden, da Fotos vom und im Krieg aus den verschiedensten Gründen gemacht werden. Es beginnt schon damit, den Begriff "Krieg" von einer "Kriese" zu unterscheiden - sprich wann ist ein Foto ein Kriegsfoto? Am einen Ende der Skala haben wir einen Journalisten, der einem jungen Moslem Geld dafür gibt, dass er einen Stein in eine beliebige Richtung wirft und dann unter das Foto schreibt "Banden extremistischer Moslems bewerfen jüdische Mütter mit Steinen". Am anderen Ende ein Einsatzkamerateam, das Beweissicherung bezüglich der Einhaltung der "Rules of Engagement" (z.B. Einhalten der Gesetze bezüglich Notwehr und Nothilfe) macht und zumindest den Vorteil hat, dass seine Aufnahmen nur der Vervollständigung des Lagebildes dienen und nicht veröffentlicht werden.
      Zu dem Thema kann ich dir an Lektüre empfehlen:
      Kriegs- und Krisenberichterstattung Ein Handbuch
      von Martin Löffelholz, Christian F. Trippe und Andrea C. Hoffmann
      erschienen im Verlag UVK

      lG Dieter
    • RHanu2 schrieb:

      - Was sind die Unterschiede zwischen Kriegsfotografie und beispielsweise der Unfallfotografie der heutigen Zeit?
      ...das bei Unfällen eher selten auf dich beim fotografieren geschossen wird :D

      OK, im Ernst - empfehle dir den Film "The Bang Bang Club" - eine sehr sehr gute Darstellung der Story um 2 Pulitzer-Preis-Gewinner während der Umbrüche in Südafrika.


      Blendeneinstellungen und Belichtungszeiten werden sich eher weniger unterscheiden und sind mehr von der Lichtsituation als von Krieg oder Unfall abhängig.


      Gottvater aller wenn man so will "Kriegsfotografen" ist der Robert Capa - von ihm stammt das wahrscheinlich überhaupt berühmteste Bild in dieser Kategorie. (falling soldier)
      (und das wurde gemacht, während er sich in einem Schützengraben zusammengekauert hat und die Soldaten stürmten (die offizielle Version) - und diese wird genau seit Entstehen des Bildes angezweifelt und es wird immer wieder nachgesagt, das Bild sei gestellt worden - was eigentlich auch sehr plausibel ist durch einige Fakten rund um das Bild)

      Robert Capa hat aber auch abseits des Schlachtfeldes sehr viele "Kriegsbilder" gemacht, die dann teilweise wiederum der Propaganda eines Staates gedient haben. (so wie die meisten Werke hier sehr kritisch zu hinterfragen sind, was man bei Unfallfotos wohl kaum zu tun braucht - ausser man ist Versicherungs-Anwalt :D )

      Der für mich wesentliche Unterschied zwischen Kriegs- und Unfallfotografie ist....


      Unfallfotos dienen eigentlich so gut wie nie Propaganda oder einem anderen ideologischem Zweck, was man von Kriegsbildern nicht gerade behaupten kann, darum wird der STIL der Bilder immer durch die Wünsche des Auftrag-Gebers für diese Bilder geprägt sein. (soll heißen, man wird momentan wohl kaum sehen, wie Sanitäter der syrischen Armee jemandem helfen (was aber sicher auch passiert, sind ja nicht alle gleich Unmenschen) - wenn aber ein Rebell ein verletztes Kind "rettet" aus dem Kugelhagel der Regierungs-Armee wirds wahrscheinlich durch die Weltpresse gehen wie eine warme Semmel)

      Die Technik hinter beiden Kategorien ist eher sekundär und soll einfach sehr solide sein und immer funktionieren.
    • Ich empfehle einerseits den Film "War Photographer" mit James Nachtwey und andererseits dieses BBC-Dokumentationen zum Thema Fotografie, bei denen auch das Kriegsthema abgehandelt wird. Heißen "Masters of Photography", glaube ich.

      Weiters gibts natürlich arge Bücher dazu. Vorzugsweise von diversen Mitgliedern der Fotoagentur MAGNUM. Es würde mich auch wundern, gäbe es keine Sekundärliteratur zu diesem Thema. Nachdem es eine "vorwissenschaftliche" Arbeit sein soll, empfehle ich mal eine Recherche in den Datenbanken der UB und NB.

      Mit den Filmen könnte ich dir datenmäsig aushelfen.
    • Das Thema ist auch recht gut im Buch von Lewinski "The Camera at War" abgehandelt. Einzig die aktuellen Kriege und die Verschiebung in Richtung reine Propaganda und stärkere Zensur durch das Militär der letzten 20 Jahre ist nicht so ausgiebig beschrieben und soziale Medien und Handyphotographie fehlt komplett. Schließlich ist das Buch auch aus den 70er. Das sollte dir einen guten Überblick verschaffen und dir die Richtung zeigen, in die du deine Arbeit machen willst.

      Jo

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von Jodoform ()

    • hey suuuuper :D


      DANKE DANKE DANKE euch für die vielen Antworten!
      klingt alles sehr sehr interessant, ihr habt mir wirklich weitergeholfen :verlegen: ich werde mich auf jeden Fall auch in die Bücher, die ihr vorgeschlagen habt einlesen - ich denke jetzt hab ich für's erste mal genügend Stoff um eine Arbeit zu schreiben, die dem Thema vom Umfang her gerecht werden könnte :D

      DANKE euch vielmals!

      Liebe Grüße,

      Raphaela
    • Hallo, mich hat das thema auch schon sehr interessiert und bin dann auf einen amerikanischen Kriegsfotografen Gestosen, mich hat damals interessiert wie er mit den Rebellen in Burma in kontakt gekommen ist.
      Ich hab ihn dann einfach ne mail geschrieben und er hat mir sehr ausführlich geantwortet.
      ich habe momentan seinen Namen nicht mehr im Kopf, werde meine grauen Zellen durchsuchen und wenn ich den Namen wieder hab. bekommst bescheid.

      gerade gefunden, [Links sind nur für Registrierte Benutzer sichtbar], wie gesagt! Der antwortet gerne auf deine Fragen

      lg

      P.s. die Burmabilder sind nix für schlechte Nerven, da geht es ziemlich ins Detail!

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von Kobi ()

    • Also ich weiß nicht, da hätten viele Bilder nicht gemacht werden müssen. Bei vielen sieht man das es einfach nur mehr auf dramatisch und brutal geht. Eine gute Konflikreportage lebt nicht von aufgedunsenen und zerfetzten Körpern sondern von den beteiligten. Klar, es gehört dazu, aber manchmal sollte man einfach nicht mehr abdrücken finde ich.
    • Corvi schrieb:

      Also ich weiß nicht, da hätten viele Bilder nicht gemacht werden müssen. Bei vielen sieht man das es einfach nur mehr auf dramatisch und brutal geht. Eine gute Konflikreportage lebt nicht von aufgedunsenen und zerfetzten Körpern sondern von den beteiligten. Klar, es gehört dazu, aber manchmal sollte man einfach nicht mehr abdrücken finde ich.


      Ich bin 100% der selben Meinung.
    • Corvi schrieb:

      da hätten viele Bilder nicht gemacht werden müssen

      Heikle und zwigespaltene Frage, denn wenn das Schockierende nicht kommuniziert wird kann es passieren, dass der Konflikt nicht in seiner Härte und Grausamkeit begriffen wird.

      Die Rolle des Fotografen und dessen Lebensunthaltes stellte sich da gewissermaßen sehr wohl, vielleicht aber erst auf 2.ter Ebene.

      Hope it helps & lg Andreas
    • Hi Raphalea!

      Ich bin der Meinung, daß beide Themen so gar nicht zueinander passen.
      Bei einer Unfall-Fotografie ist die reine Dokumation im Vordergrund. Aufgrund der Fotos soll später die Unfallursache von einem Sachverständigen ergründet werden. Hier sollten Emotionen nicht im Spiel sein.
      Hingegen bei der Kriegsberichterstattung .... ist genau das Gegenteil der Fall.
      Eine Dokumentation ist kaum möglich, dazu ist die Lage zu ernst und zu gefährlich und zum anderen Teil, wünscht sich der Auftraggeber, Bildabnehmer eine emotionale Stimmung.

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