Darf ein deutscher Fotograf bei uns Arbeiten?

    • Darf ein deutscher Fotograf bei uns Arbeiten?

      Da das Fotografengewerbe hierzulande an eine Meisterprüfung gekoppelt ist und man laut Gewerberecht ohne Abschluss ja keine Fotoaufträge annehmen darf, würde es mich interessieren wie es ist, wenn ein EU-Bürger (z.B. ein Deutscher) in dessen Heimatland Fotograf ein freies Gewerbe ist bei uns Arbeiten will. Geht das? Müsste er eine Prüfung ablegen? Ne, oder?

      Weiß jemand mehr darüber?

      LG
      Mel
    • Original von flotschi.popotschi
      nein du süße kleine, das müsste er/sie nicht, vorausgesetzt der firmensitz befindet sich in de. ein grund warum dieses gesetz nur solang halten wird, bis jemand die jurisitschen geschütze auffährt, und durch die instanzen zieht.
      woher beziehst du dein wissen? meines wissens nach fällt das unter die eu-dienstleistungsrichtlinie. über die wurde ja die letzten jahre heftig gestritten und mir selber (was jetzt nat. nichts heissen mag) ist nicht bekannt, dass Österreich diese schon umgesetzt hätte (bzw. wie der inhalt jetzt wirklich ist).
    • Es geht hier tatsächlich um die Dienstleistungsrichtlinie in Zusammenhang mit der Berufsanerkennungsrichtlinie, soweit nicht der Ausnahmetatbestand "audiovisuelle Dienste" greift. Die Dienstleistungsrichtlinie ist bis 28.12.2009 innerstaatlich umzusetzen und das wird wohl auch so lange (oder länger) dauern. Eine Genehmigungspflicht für die Aufnahme und Ausübung einer Dienstleistungstätigkeit kann dann grundsätzlich nur vorgeschrieben werden, wenn sie nicht diskriminierend ausgestaltet, durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt und verhältnismäßig ist.

      Vorerst darf er also hier grundsätzlich nicht arbeiten. Wenn es stimmt, dass das Gewerbe in Deutschland völlig frei ist, wird er auch juristisch eher nicht durchkommen, da die Judikatur bezüglich der Grundfreiheiten derzeit eher auf Anerkennung ausländischer Berechtigungen gerichtet ist. Wenn es aber gar keine Berechtigung gibt, kann diese auch nicht anerkannt werden. Letztlich wird in Frage zu stellen sein, ob eine Reglementierung des Fotografengewerbes im Binnenmarkt überhaupt erforderlich ist.
    • Ich darf da widersprechen: im Detail müsste man sich das ansehen, wie es also jetzt konkret ist, weiß ich nicht auswendig.

      Grundsätzlich benötigt man für die Dienstleistungsfreiheit keine Dienstleistungsrichtlinie, sondern die gilt als eine der garantierten Freizügigkeiten schon kraft EG-Vertrag und war im EG-Recht noch nie anders.

      D.h. grundsätzlich ist jemand, der in einem Mitgliedstaat eine selbstständige Tätigkeit rechtmäßig ausübt berechtigt, vorübergehend in anderen Mitgliedstaaten Dienstleistungen ohne weitere Voraussetzungen zu erbringen, da gibts dann nur wenige Ausnahmen im öffentlichen Interesse. Dazu bedarf es keiner innerstaatlichen Umsetzung, weil entgegenstehendes nationales Recht einfach nicht anwendbar ist.

      Wie es im Detail ist müsste man sich wie gesagt ansehen, ich vermute jetzt aber mal, dass ein deutscher Fotograf ohne weitere Voraussetzungen in Österreich eine Dienstleistung erbringen darf, aber wie gesagt, dass sagt mir jetzt mein Gefühl, geprüft habe ich das nicht.

      Weiters darf man die Niederlassungsfreiheit mit der Dienstleistungsfreiheit nicht verwechseln. Bei der Niederlassungsfreiheit geht es darum, dass ein ausländischer z.B. Fotograf seinen dauernden Standort nach Österreich verlegt oder eine dauernde Zweigniederlassung begründet. Das ist etwas anderes als eine vorübergehende Dienstleistung.

      Es ist richtig, dass eine Anerkennungspflicht ausländischer Ausbildungen besteht. Dabei wird aber nicht eine einzelne Ausbildung anerkannt, sondern das gesamte Bündel aller Voraussetzungen, daraus folgt nach Ansicht des EuGH auch, dass in dem Falle, dass in einem Mitgliedstaat das Gewerbe reglementiert ist (wie der Fotograf in Österreich) und im anderen nicht (wie in Deutschland), eine angemessene Berufspraxis in Deutschland bei Ausübung der Niederlassungsfreiheit beim Befähigungsnachweis zu berücksichtigen ist. D.h. Berufspraxis ersetzt ganz oder teilweise den Befähigungsnachweis. Wie es jetzt hier im Detail ist, müsste man sich ebenso ansehen.

      Praxishinweis: wer also mal mit dem Problem konfrontiert ist, sollte sich bei einer unabhängigen Stelle beraten lassen. Erfahrungsgemäß werden nämlich von nationalen Behörden und Interessensvertretungen teilweise bewusst teilweise unbewusst falsche Auskünfte erteilt.

      lg Thomas
    • Original von flotschi.popotschi
      nein du süße kleine, das müsste er/sie nicht, vorausgesetzt der firmensitz befindet sich in de. ein grund warum dieses gesetz nur solang halten wird, bis jemand die jurisitschen geschütze auffährt, und durch die instanzen zieht.


      Mutige Aussage, es ist wohl eher das Gegenteil der Fall. Erstens ist die Dienstleistungsfreiheit genau für diese Fälle vorgesehen und zweitens interpretiert der EuGH die Freiheiten tendenziell viel zu weit als zu eng.

      lg Thomas
    • RE: Darf ein deutscher Fotograf bei uns Arbeiten?

      Original von Patricia
      wie wäre es mit einer Anfrage bei der Innung?
      Ich nehm doch mal an, dass die Bescheid wissen.


      Die Innungen konzentrieren sich eher an den nationalen Gegebeheiten und Regelungen als an den EU Richtlinien. Das ist ja genau das Problem.
      Sie "verteidigen" solange die nationalen Regelungen bis sie nicht mehr anders können :doh:

      Im Prinzip zählt immer die EU Richtlinie ausser es gibt Übergangsfristen.

      Private od. Einzelpersonen trau'n sich halt meistens nicht an den EU-Instanzenweg zu durchlaufen. Ist ja auch ein beträchtliches finanzielles "Risiko" dahinter :hmm:

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von wozel ()

    • Weltweit ....

      Nachdem die grossen Fotografen dieser Welt (viele haben da nichts "ordentlich" gelernt) überall auf unserem Globus fotografieren, glaube ich nicht, dass das ein primäres Problem ist .....

      Weder sind steuerseitige noch sicherheitsrelevante Probleme in diesem Bereich .....

      Glaube eher, da ist viel Lärm um Nichts ......

      Eine Auskunft von der Innung .... ,-)))
    • Wiso nicht den einfachen Weg gehen und einfach die Prüfung machen.
      Die Lehrlingsausbilderprüfung hat man meistens eh schon, wenn man ein paar Fortbildungskurse gemacht hat.
      Unternehmerprüfung ist auch nicht so das Drama. Ein paar Monate ins Wifi. Die Kosten bekommt man fast gänzlich an Förderungen zurück.
      Die Befähigungsprüfung, ich glaub das kann man sich selber lernen.
      Die Lektüren wie die Photokollegiums vom Marchesi sollte man sowieso haben.
      2 Monate büffeln und ab zur Prüfung.
      Da denk ich nicht mal nach, zu EU Gerichtshof zu gehen.
    • Original von Harry_Hoppel
      Wiso nicht den einfachen Weg gehen und einfach die Prüfung machen.


      Weil man als ausländischer Fotograf als Dienstleister in Österreich einfach mal in Österreich fotografieren gehen könnte und es drauf ankommen lassen könnte, dass erstens die Gewerbehörden nichts sagen und zweitens andere Fotografen sich nicht zu klagen trauen. Ob man etwas im Zweifel ausstreitet oder nicht hängt in der Praxis nämlich ganz davon ab, ob man selbst derjenige ist, der aktiv werden muss oder ob man passiv warten kann ob die anderen etwas tun.

      lg Thomas
    • @ thomas_l: Du hast Recht bezüglich des grundsätzlichen Anwendungsvorranges der Grundfreiheiten vor nationalem Recht. Ist ständige EuGH-Judikatur zur Aushölung der dem Gemeinschaftsrecht widersprechenden nationalen Gesetze, ich persönlich habe so etwas jedoch noch nicht erlebt. Glaube nicht, dass eine Behörde sich weigert ein Gesetz anzuwenden, weil es dem Gemeinschaftsrecht widerspricht. Außerdem wären dann ja die Dienstleistungs- und Berufsanerkennungsrichtlinie obsolet, wenn es ohnehin Rechtssicherheit bei solchen Fälle gäbe.
    • Original von gurktaler
      @ thomas_l: Du hast Recht bezüglich des grundsätzlichen Anwendungsvorranges der Grundfreiheiten vor nationalem Recht. Ist ständige EuGH-Judikatur zur Aushölung der dem Gemeinschaftsrecht widersprechenden nationalen Gesetze, ich persönlich habe so etwas jedoch noch nicht erlebt. Glaube nicht, dass eine Behörde sich weigert ein Gesetz anzuwenden, weil es dem Gemeinschaftsrecht widerspricht.


      Wenn die Behörde das nicht macht, handelt sie aber rechtswidrig - und man muss sich meines Erachtens in einem Rechtsstaat eine rechtswidrige Gesetzesvollziehung nicht gefallen lassen. Damit will ich nicht sagen, dass man über alles streiten soll, aber man soll sich auch nicht alles gefallen lassen.

      Im Übrigen gibt es genug Fälle des Anwendungsvorranges des Gemeinschaftsrechtes, in denen dies alltäglich angewendet wird. Der Anwendungsvorrang ist jedenfalls für jeden durchsetzbar.


      Außerdem wären dann ja die Dienstleistungs- und Berufsanerkennungsrichtlinie obsolet, wenn es ohnehin Rechtssicherheit bei solchen Fälle gäbe.


      Eine Richtlinie kann nicht etwas normieren, was vom EG-Vertrag nicht gedeckt ist. Der wesentliche Inhalt der Dienstleistungsfreiheit ist durch ständige Judikatur des EuGH ausjudiziert.

      lg Thomas
    • Ein Blick ins Gesetz nützt durchaus auch oft:

      Beispielsweise regelt unsere Gewerbeordnung hier im Allgemeinen folgendes (ich hab nicht überprüft, ob es für Fotografen noch eine Sondernorm dazu gibt, dazu habe ich jetzt keine Zeit):

      § 373a Abs.1 GewO

      Staatsangehörige eines Mitgliedstaates der EU oder eines Vertragsstaates des EWR, die in einem anderen Mitgliedstaat der EU oder Vertragsstaat des EWR niedergelassen sind und dort eine Tätigkeit befugt ausüben, auf die die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes anzuwenden wären, dürfen diese Tätigkeit vorübergehend und gelegentlich unter den gleichen Voraussetzungen wie Inländer in Österreich ausüben. Die Erbringung des allenfalls vorgeschriebenen Befähigungsnachweises ist nicht erforderlich,


      1.
      wenn die gewerbliche Tätigkeit im Niederlassungsmitgliedstaat reglementiert ist oder eine reglementierte Ausbildung im Sinne des Art. 3 lit. e der Richtlinie 2005/36/EG vorliegt oder

      2.
      wenn die gewerbliche Tätigkeit oder die Ausbildung zwar nicht im Sinne der Z 1 reglementiert ist, der Dienstleister die gewerbliche Tätigkeit aber mindestens zwei Jahre während der vorhergehenden zehn Jahre im Niederlassungsmitgliedstaat ausgeübt hat.

      Der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit hat die Ausübung der den Gegenstand der Dienstleistung bildenden Tätigkeit zu verbieten, wenn die vorgenannten Voraussetzungen für die Erbringung der Dienstleistung nicht erfüllt sind oder wenn einer der im § 87 Abs. 1 angeführten Entziehungsgründe oder der Entziehungsgrund des § 135 Abs. 5 auf den Dienstleistungserbringer zutrifft. Wurde eine vorgeschriebene Meldung nach diesem Bundesgesetz nicht erstattet oder gegen die Informationspflichten gemäß Abs. 8 verstoßen, kann der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit die Ausübung für eine dem Grunde des Verbotes angemessene Dauer untersagen. Zuwiderhandlungen gegen die Bestimmungen dieses Absatzes sind gemäß § 366 Abs. 1 Z 1 zu bestrafen.
    • Ein Blick ins Gesetz nützt durchaus auch oft:

      Beispielsweise regelt unsere Gewerbeordnung hier im Allgemeinen folgendes (ich hab nicht überprüft, ob es für Fotografen noch eine Sondernorm dazu gibt, dazu habe ich jetzt keine Zeit):

      § 373a Abs.1 GewO

      Staatsangehörige eines Mitgliedstaates der EU oder eines Vertragsstaates des EWR, die in einem anderen Mitgliedstaat der EU oder Vertragsstaat des EWR niedergelassen sind und dort eine Tätigkeit befugt ausüben, auf die die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes anzuwenden wären, dürfen diese Tätigkeit vorübergehend und gelegentlich unter den gleichen Voraussetzungen wie Inländer in Österreich ausüben. Die Erbringung des allenfalls vorgeschriebenen Befähigungsnachweises ist nicht erforderlich,


      1.
      wenn die gewerbliche Tätigkeit im Niederlassungsmitgliedstaat reglementiert ist oder eine reglementierte Ausbildung im Sinne des Art. 3 lit. e der Richtlinie 2005/36/EG vorliegt oder

      2.
      wenn die gewerbliche Tätigkeit oder die Ausbildung zwar nicht im Sinne der Z 1 reglementiert ist, der Dienstleister die gewerbliche Tätigkeit aber mindestens zwei Jahre während der vorhergehenden zehn Jahre im Niederlassungsmitgliedstaat ausgeübt hat.

      Der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit hat die Ausübung der den Gegenstand der Dienstleistung bildenden Tätigkeit zu verbieten, wenn die vorgenannten Voraussetzungen für die Erbringung der Dienstleistung nicht erfüllt sind oder wenn einer der im § 87 Abs. 1 angeführten Entziehungsgründe oder der Entziehungsgrund des § 135 Abs. 5 auf den Dienstleistungserbringer zutrifft. Wurde eine vorgeschriebene Meldung nach diesem Bundesgesetz nicht erstattet oder gegen die Informationspflichten gemäß Abs. 8 verstoßen, kann der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit die Ausübung für eine dem Grunde des Verbotes angemessene Dauer untersagen. Zuwiderhandlungen gegen die Bestimmungen dieses Absatzes sind gemäß § 366 Abs. 1 Z 1 zu bestrafen.[/quote]

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